Rede von Ali Kohlbacher aus Anlass der Feier zum 50. Jahrestag der Österreichisch-Kubanischen Gesellschaft am 6. April 2019 im Palais Niederösterreich, Wien
Mit 17 Jahren hatte ich meine erste Begegnung mit Kuba. Es war eine Begegnung im Kopf, eine Begegnung im Buch „Zucker aus Kuba“ des österreichischen Schriftstellers Rudolf Brunngraber. Es beschreibt am Schicksal der Familie Laval, Großpflanzer von Zuckerrohr, den kometenhaften Aufstieg zu Reichtum, Einfluss und Ansehen und den abgrundtiefen Fall als Folge des fallenden spekulativen Zuckerpreises auf dem kapitalistischen Weltmarkt und des Börsenkrachs am Ende der 20er Jahre. Gleichzeitig zeigte das Buch die Abhängigkeit eines Landes durch die Ausrichtung der Wirtschaft auf ein dominantes Exportprodukt, im Fall von Kuba auf Rohrzucker, bei gleichzeitiger Vernachlässigung einer breit aufgestellten Industriestruktur im eigenen Land. Für mich war das Buch ein erster und wichtiger Lehrgang in Volkswirtschaft und Finanzkapitalismus.
Jahre später, gegen Ende der 50er Jahre geriet ein Heft des US-Magazins „Life“ in meine Hände mit einem sensationellen Bericht über die Kämpfe einer kubanischen Guerilla in den Bergen der Sierra Maestra gegen die blutige Diktatur Batista. Die eindruksvollen Fotos im Bericht zeigten Fidel Castro, den Kopf der jungen Revolutionäre, neben Che Guevara, Raoul, Vilma und anderen Guerilleros. Dieser Bericht erreichte mich als junger Sozialist und war die zweite Begegnung mit Kuba mit lebenslanger Wirkung, ja, wie sich Jahre später herausstellte, mit dem Beginn meiner Liebe zum revolutionären Kuba und seinen Menschen.
Der Sieg der kubanischen Revolution und schon die ersten Maßnahmen der Revolutionsregierung, die Enteignung der riesigen Plantagen der United Fruit Comany unter der Losung „Das Land den Menschen, die es bebauen“, die Alphabetisierungs-Campagne, die Einführung der kostenlosen medizinischen Betreuung und der kostenlose Zugang zu allen Bildungseinrichtungen machten auf mich, meine GenossInnen und auf viele fortschrittliche Menschen einen tiefen Eindruck.
Das drängte zu einer politisch-solidarischen Konsequenz: Im Mai 1969 reichten Günther Anders, Barbara Coudenhove-Kalergi, Wilhelm Dantine, Ernst Fischer, Kurt Greussing, Adolf Holl, Eduard März, Günther Nenning und Theodor Prager als Proponenten die Statuten der „Österreichisch-Kubanischen Gesellschaft“ bei der Vereinsbehörde ein und ersuchten um Nichtuntersagung der Vereinstätigkeit. Diese wurde gegeben und ich zählte zu den ersten Mitgliedern der ÖKG.
Die Zielsetzung der ÖKG blieb seit ihrer Gründung bis heute unverändert:
„Zweck der Gesellschaft ist die Förderung der freundschaftlichen und kulturellen Beziehungen zwischen dem österreichischen und kubanischen Volk. Sie steht allen Personen offen, die diese Beziehungen, unbeschadet der gesellschaftlichen Unterschiede zwischen Österreich und Kuba, fördern wollen. Die Gesellschaft ist von keiner Partei, Gruppierung oder Institution abhängig. Ihre Tätigkeit ist nicht auf Gewinn ausgerichtet“.
aus dem Statut der ÖKG
1969 war eine bewegte und mich bewegende Zeit. Die Ideen der 68er beflügelten auch mich, ich protestierte gegen die Niederwerfung des „Prager Frühlings“, protestierte gegen den schmutzigen Krieg der USA in Vietnam, der Kampf der Befreiungsbewegungen gegen Kolonialismus und Imperialismus fand meine aktive Unterstützung. Und die USA verhängten über Kuba eine würgende Wirtschaftsblockade und unterstützten den Landungsversuch reaktionärer Exilkubaner in der Schweinebucht, was mich zutiefst empörte.
Von 1994 bis 2003 war ich Vorsitzender der ÖKG, später Vorsitzender des ÖKG-Kuratoriums und Präsident von ALBA-Austria.
Heute stehe ich im Alter von 84 Jahren und habe 50 Jahre als ÖKG-Aktivist die verschiedenen Perioden der Kubanischen Revolution miterlebt, gute, erfolgreiche und schwierige. Als sozialistischer Internationalist stand ich immer an der Seite Kubas.
Kuba hat sich gewandelt, auch die Menschen sind andere als zur Zeit des Sieges der Revolution. Kuba ist heute mit neuen und schwierigen Herausforderungen konfrontiert, einerseits um notwendige Anpassungen an die Erfordernisse der Zeit in Übereinstimmung mit dem kubanischen Volk zu treffen, wie eine neue Verfassung, andererseits die Errungenschaften der Revolution zu verteidigen und weiter zu entwickeln. Die Feinde der kubanischen Revolution stehen mehr denn je bereit, das sozialistische Kuba in die Knie zu zwingen. US-Präsident Trump hat die Wirtschafts-, Handels- und Finanzblockade erneut verschärft. Kürzlich erklärte er, dass die USA keinen Sozialismus in Amerika dulden werden und schließt dabei militärische Interventionen in Kuba, Venezuela und Nicaragua nicht aus. Der Imperialismus steht heute nicht mehr Gewehr bei Fuß, sondern hat seine Gewehre in Anschlag gebracht.
Meine Bitte an uns Alle: stehen wir solidarisch an der Seite des revolutionären kubanischen Volkes und seiner Regierung, unterstützen wir politisch, wirtschaftlich und medial mit all unseren Kräften das sozialistische Kuba, sprechen wir mit FreundInnen und ArbeitskollegInnen und überzeugen wir sie davon, dass auch ihre Kubasolidarität sinnvoll und notwendig ist, werben wir junge Menschen, an unserer Solidaritätsarbeit mitzuarbeiten und vermitteln wir den Menschen in Kuba, dass sie nicht alleine sind in ihrem Kampf.
Viva Cuba socialista!
Viva la solidaridad!
Viva la ÖKG!
Venceremos!