Der Hurrikan „Melissa“ hat in der nördlichen Karibik eine Schneise der Verwüstung hinterlassen. In Haiti kamen mindestens 24 Menschen ums Leben, auf Jamaika vier; in der Dominikanischen Republik gab es ein weiteres Opfer. Hunderte werden noch vermisst, Tausende haben alles verloren. Häuser, Straßen, Brücken und Plantagen sind zerstört. Aus Kuba sind noch keine Todesopfer gemeldet worden – ein Erfolg des dort seit Jahren etablierten Systems zur Hurrikanprävention, das die Regierung trotz der anhaltenden US-Blockade aufrechterhält.
„Wichtig ist, dass wir leben“, betonen viele, die trotz der massiven Zerstörungen ihrer Häuser im Osten der Insel stehen, um ihre positive Einstellung zu zeigen. Präsident Miguel Díaz-Canel zog auf einer Videokonferenz mit Verantwortlichen der Kommunistischen Partei Kubas (PCC) in den betroffenen Provinzen eine erste Bilanz: „Wir haben uns auf das schlimmste Szenario vorbereitet, und die Maßnahmen haben sich als wirksam erwiesen.“ Noch bevor der Sturm auf Land traf, waren Transportmittel bereitgestellt worden, um rund 735.000 Menschen aus gefährdeten Gebieten rechtzeitig zu evakuieren. Katastrophenschutz, medizinische Teams, Rettungseinheiten der Armee und freiwillige Helfer standen in Alarmbereitschaft. Diese Vorsorgemaßnahmen retteten Menschen das Leben, konnten Zerstörungen jedoch nicht verhindern. Die materiellen Schäden sind katastrophal.
Die Folgen des Hurrikans werden Kubas ohnehin schwere Wirtschaftskrise weiter verschärfen. Schon zuvor hatte das Land unter häufigen Stromausfällen, Treibstoff- und Lebensmittelknappheit gelitten. Hauptursache der Misere ist die seit 63 Jahren von den USA verhängte Wirtschafts-, Handels- und Finanzblockade, die von der überwältigenden Mehrheit der UN-Mitgliedsländer – gleichzeitig mit dem Durchzug des Wirbelsturms – zum 33. Mal in Folge verurteilt wurde. Und während die USA „effiziente und wirksame“ Hilfen für die übrigen karibischen Inselstaaten zusagten, kündigte ihr UN-Botschafter Mike Waltz zugleich die Fortsetzung der Zwangsmaßnahmen gegen Kuba an.
Nach der Zerstörung durch die Winde sind großflächige Überschwemmungen in allen östlichen Provinzen Kubas aufgetreten, in denen Häuser oft bis zu den Dächern unter Wasser standen und teilweise bis heute (3.11.) stehen. Obwohl bereits viele der zuvor evakuierten Menschen zu ihren Häusern zurückkehren, stehen sie vor der immensen Aufgabe, die Häuser wieder aufzubauen bzw. bewohnbar zu machen. Das Parlament hat zwar beschlossen, die Betroffenen mit 50% Rabatt auf die benötigten Baumaterialien zu unterstützen, für Viele stellt der Wiederaufbau aber dennoch ein fast unlösbares Problem dar.

